Eine neue Ära beginnt… denn die diesjährigen Stormtagung in Husum brachte eine Veränderung mit sich: Dr. Gerd Eversberg, der seit nunmehr 22 Jahren als Sekretär die Geschicke der Theodor-Storm-Gesellschaft leitete und auch Direktor des Storm-Archivs war, hat gleichzeitig mit seiner Pensionierung als Lehrer seinen Posten abgegeben.
Während der Tagung in der symbolträchtigen Aula des „Alten Gymnasiums“ – Storm nahm hier 1867 an der Einweihung eines neuen Gebäudes der Husumer Gelehrtenschule teil – legte Eversberg seinen letzten Tätigkeitsbericht vor und erhielt aus den Händen des Präsidenten Prof. Detering außerdem die offizielle Ernennung zum Honorarprofessor an der Göttinger Georg-August-Universität. Eine verdiente Anerkennung für den engagierten Wissenschaftler und Didaktiker, der bis heute nicht weniger als 170 Aufsätze und Rezensionen sowie über 60 selbständige Publikationen verfasst hat. Dazu kommt seine Tätigkeit als Lehrer, seine museumspädagogische Arbeit und damit auch seine Rolle als Literaturvermittler.
Der Stormgesellschaft steht er weiterhin als Beisitzer zur Seite, zudem arbeitet er aktuell an der Herausgabe einer kritischen und kommentierten Ausgabe des Schimmelreiters. Und als Honorarprofessor bleibt er natürlich wissenschaftlich weiterhin aktiv.
Dr. Christian Demandt, der in die Fußstapfen Eversberg tritt, erhielt 2010 der Theodor-Storm-Preis für seine Dissertation „Über Religion und Religionskritik bei Theodor Storm“. Wie sein Vorgänger unterrichtet er als Deutschlehrer an der Husumer Hermann-Tast-Schule.
In prägnanten Worten umriss er sein Konzept für die reizvolle Aufgabe, Wissenschaft zu leben und lebendig zu gestalten: das wissenschaftliche Profil „Storm“ schärfen und international und regional weiter aufwerten; die Stormgesellschaft verjüngen, d.h. jungen Menschen Anreize für eine Mitgliedschaft geben, das Museum als Lernort für Schulen etablieren, auf die Jugend zugehen. Wichtig sei es auch, eine Kultur der Selbstkritik zu etablieren. Und schließlich das Ziel, enger mit anderen Stormstätten zusammenzuarbeiten, aber auch von anderen Literaturmuseen zu lernen und das Gelernte anzuwenden, z.B. im Bereich neuer Medien.
Freitag und Samstag waren ansonsten ganz dem Thema „Storm und Fontane in den Konflikten ihrer Zeit“ gewidmet. Im Mittelpunkt stand dabei der eben erschienene, neu edierte Briefwechsel der Dichter, herausgegeben von Dr. Gabriele Radecke, Leiterin der Theodor-Fontane-Arbeitsstelle an der Universität Göttingen. Die szenische Lesung am Samstagvormittag begeisterte mehr als 100 Literaturfreunde, ebenso wie der Festvortrag von Gabriele Radecke, der unter musikalischer Begleitung äußerst kurzweilig Einblick gab in die akribische und langwierige Editionsarbeit. Zwischen Dezember 1852 und Oktober 1887 tauschten die beiden Schriftsteller 104 Briefe aus. Man liest von gegenseitiger Bewunderung, Konkurrenz, politischen Missverständnissen, aber auch existenziellen Ängsten.
Die auf intensivem Quellenstudium basierenden Kommentare korrigieren bisherige Interpretationen, relativieren hartnäckige Vorurteile („Husumerei“, „Provinzsimpelei“), weisen auf neue Forschungsansätze hin und ordnen die Inhalte in den historischen, biografischen und werkbezogenen Kontext ein. Eine längst fällige Edition, die auch die Möglichkeiten neuer literarischer Wertungen der beiden Schriftsteller Storm und Fontane aufzeigt.
Publikation:
Theodor Storm – Theodor Fontane. Briefwechsel. Kritische Ausgabe. Hrsg. v. Gabriele Radecke. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2011. Band 19 der Storm-Briefwechsel (hrsg. v. H. Detering und G. Eversberg)
Zahlen und Fakten:
Die Gesellschaft hat aktuell 1015 Mitglieder. Die Besucherzahlen im Jahr 2010 beliefen sich auf 18394 Interessenten und sind wie die Mitgliedszahlen damit weiterhin rückläufig.
Von Mitarbeitern wurden 55 Schüler- und 62 Erwachsenengruppen betreut, ca. 35 Besucher nutzten das Archiv für wissenschaftliche Forschungen.
Über Veranstaltungen und Termine für 2011/2012 informiert die Homepage http://www.storm-gesellschaft.de, die rund 40.000 Besucher verzeichnen konnte.